Wie unterscheiden sich Grund- und Splittingtabelle?
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Überblick
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Bei der Bemessung der Einkommensteuer unterscheidet der
Gesetzgeber grundsätzlich zwei Möglichkeiten:
Die Bemessung nach Grundtabelle für alle Alleinstehenden und nach
Splittingtabelle für die, in einer Lebensgemeinschaft lebenden, sprich Verheirateten.
Die Idee dahinter ist es, die Bildung von Familien wirtschaftlich zu fördern.
Das hört sich an, als gebe es zwei mit endlosen Zahlenreihen gefüllte Tabellen,
in denen man solange blättert, bis man das in etwa passende "zu versteuernde Einkommen" findet
und schließlich die Höhe der Einkommensteuer abließt.
Tatsächlich wird die Höhe der Einkommensteuer mit einem einzigen Algorithmus bestimmt.
Es wird sozusagen immer nur das Ergebnis der Grundtabelle verwendet - bei Ermittlung der
Höhe der Einkommensteuer nach Splittingtabelle wird allerdings wie folgt vorgegangen:
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Die Jahreseinkommen beider Lebenspartner addieren (zusammenzählen).
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Das Ergebnis halbieren (durch 2 teilen). Jetzt haben wir den Mittelwert beider Einkommen.
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Die Höhe der Einkommensteuer für diesen Mittelwert gemäß Grundtabelle berechnen.
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Diesen Wert (Einkommensteuer für den Mittelwert beider Einkommen nach Gundtabelle) verdoppeln.
Das war's!
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Warum das Ganze?
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Die Frage ist berechtigt - Erst halbieren und dann verdoppeln?
Wäre die deutsche Einkommensteuer direkt
proportional zum zu versteuernden Einkommen, das heißt, würde
sie genauso steigen wie das Einkommen (doppeltes Einkommen wäre gleich doppelte Steuer),
könnten wir uns die Rechnerei in der Tat sparen.
Die deutsche Steuergesetzgebung sieht allerdings vor, daß Arme wenig
oder gar keine Einkommensteuer zahlen und Reiche viel. Das dabei viele
vermeintlich Reiche durch die Steuerlast arm werden, zählt nicht - sie waren
ja vorher reich!
Wie auch immer - man nennt das Steuerprogression.
Einfach ausgedrückt: Mehr Einkommen, viel mehr Einkommensteuer.
Und da haben wir unseren Effekt!
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Ein Beispiel
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Sebastian, seines Zeichen selbständiger Softwareentwickler, verfügt
im Jahr 2004, nach Abzug einiger Freibeträge, über ein zu
versteuerndes Jahreseinkommen in Höhe von 32.000,--.
Seine Freundin Constanze, Headhunterin bei Solms & Freyberg Int., muss alleine
so etwa 82.000,-- p.a. versteuern.
Die Einkommensteuer nach Grundtabelle für Sebastian beträgt
6.634,--. Hinzu kommen 365,-- Solidaritätszuschlag und
597,-- für die Kirche. Schließlich will er ja eines Tages in einer
ebensolchen heiraten.
Macht, nach Adam Ries, zusammen 7.596,-- Steuern nach Grundtabelle
für den unverheirateten Sebastian. Das entspricht 23,7 %
(Durchschnittsteuersatz) seine zu verst. Einkommens.
Alleinstehend zahlt Constanze bei gleicher Rechnung 33.153,-- Steuern, also 39,5 % Ihres
Einkommens an den Fiskus.
Auch wer im Prozentrechnen nicht so gut in der Schule war, und das ist ja auch lange her, wird
den Effekt, die Progressivität deutscher Einkommensteuer, erkennen:
39,5 % ist mehr als 23,7 %.
Wir zählen jetzt mal die Steuern nach Grundtabelle des Paares zusammen und merken
uns die Zahl 40.749,--.
Was wenn sie noch in diesem Jahr heirateten?
Jetzt unsere vier Rechenschritte:
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Einkommen addieren. Gemeinsam verfügen?!? beide über 116.000,--.
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Durch zwei teilen, ergibt 58.000,-- Mittelwert aus beiden Einkommen.
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Einkommensteuer nach Grundtabelle, Soli u. KSt.
mit der richtigen Formel berechnen.
Ergebnis 19.757,--
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Verdoppeln, macht 39.514,-- Steuern nach Splittingtabelle (inkl. Solidaritätszuschlag und 9 %
Kirchensteuer).
Fertig. Macht den sagenhaften Unterschied von 1.235,--. Da soll einer sagen: "Heiraten lohnt sich nicht!"
Naja, es gibt da ja auch noch die soziale Komponente.
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Übrigens
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Schaut man mal in so eine Einkommensteuertabelle rein, stehen die Zahlen für
Grund- und Splittingtabelle nebeneinander. Da sieht das schon ganz anders aus:
116.000,-- Einkommen nach Grundtabelle entsprechen 49.642,-- Steuern, Soli u.
KSt. - der Unterschied zur Splittingtabelle wären stattliche 10.120,--.
Mann und Frau könnten glauben, daß sie als ebensolche, soviel Steuern sparen.
Die, durch die Struktur der in Deutschland üblichen Einkommensteuertabellen hervorgerufene
Täuschung, basiert darauf, daß Sebastian und Constanze ja eben nicht 116.000,-- nach
Grundtabelle mit einem Durchschnittsteuersatz von 42,8 % versteuern müßten, sondern
jeweils mit 23,7 % und 39,5 %.
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